Meisterecke





Das Schreiben eines Abenteuers

Ein gutes Rollenspielabenteuer zu schreiben kann eine langwierige Angelegenheit sein. Stets kommt es darauf an, mit welcher Zielsetzung man an die Sache heran geht - und doch hängt die Qualität auch immer von der zündenden Idee und natürlich der packenden Beschreibung an dem jeweiligen Abend ab. Ein Pauschalrezept für ein gutes, erfolgreiches Abenteuer gibt es mithin nicht, wohl aber sollen in dieser Anleitung einige Hinweise und Tipps gegeben werden.

Zunächst sollte sich der angehende Meister darüber im Klaren sein, was denn genau das Genre ist, was für ein Abenteuer von den Helden erwartet wird. Die verschiedenen Spieler sind verschiedene Charaktere in zweierlei Hinsicht - einmal vertreten sie unterschiedliche Helden- oder auch Charakterklassen, andererseits haben sie selbst unterschiedlichste Eigenschaften. Während der eine nur so spielt um unter Leuten sein, möchte der nächste Atmosphäre und Spannung, wieder ein anderer Humor und Spaß, der nächste unbändige Würfelorgien, der Letzte endlose Diskussionen über die Spielwelt, die Abenteuerqualität, die Regeln und vielleicht auch die Nachrichten der Tagesschau.
Alle diese Charaktere wollen zumindest ansatzweise bedient werden. Befinden sich in einer Gruppe beispielsweise ein Jäger und ein Waldelf, so wäre es töricht mehrere reine Stadtabenteuer aneinander zu reihen. Ebenso dumm müsste man die Idee bezeichnen, in einer auf Humor, Diskussionen und Spielspaß basierenden Runde ein düsteres Horrorabenteuer einzustreuen. Sicher - man kann beide Abenteuer schreiben und spielen, doch den gewünschten Effekt erzielen sie sicherlich nicht. Immer wieder lässt sich in Vorgesprächen, auf der gemeinsamen Heimfahrt oder bei der Charaktererschaffung aus Gesprächen heraushören, was genau gewünscht wird. Derjenige der einen Charakter erschafft, möchte diesen auch häufiger in Szene setzen. Dies aber gestaltet sich häufig schwierig, wenn die Abenteuer es nicht zulassen: Wie soll auch der Zwerg seine ureigene Sauf- und Rauflust am Hofe zivilisiertester Nationen herauslassen? Zweifellos ist dies möglich, jedoch artet ein solches Spiel entweder auf die humorvolle Ebene aus oder aber der Zwerg wird im realistischen Spiel an Händen und Füßen (wenn nicht gar am Barte) gepackt und unsanft vor die Tür befördert. Ein ehrenwerter Stutzer wird in den barbarischen Reichen von Orks und Goblins seine Fasanenpastete vermissen und mit seinen meist belächelten "Stricknadeln" auf keinen Grünen Zweig kommen. Schnell ist die Luft heraus und der Wunsch da neue Charaktere zu erschaffen.
Allerweltsabenteurer haben da natürlich Vorzüge, der weltgewandte Krieger ist in finsteren Höhlen und Kerkern genauso von Vorteil, wie am Hofe eines Königs oder in der Schenke eine großen Stadt, auch Magier, Barden und andere weitreisende Charaktere können da gut mithalten.
Stets zu beachte ist, dass auch für jeden etwas dabei sein sollte: Allein die Tatsache, dass nach drei Spielstunden Wald und Wildnis in eine verlassene Höhle eine verschlossene Truhe mit Dietrich und Fingerspitzengefühl zu öffnen ist lässt vermutlich das Herz des Diebes höher schlagen - so war die Reise nun doch nicht umsonst! Da sollte man nur aufpassen, dass nicht auch hier sich Krieger (mit einem wuchtigen Hieb), Zwerg (als alter Feinmechaniker) oder Magier (mit einem läppischen Sprüchlein) vordrängeln und die Situation zunichte machen.



Oliver