Meisterecke





Atmosphärische Stimmungshelfer beim Rollenspiel

Was gehört zum Rollenspiel? Diese Frage ist zwar nicht von entscheidender Bedeutung kann aber für den gemütlichen Ablauf einer Runde durchaus förderlich sein. Sicherlich gehören Würfel und Heldenbögen dazu, wie sonst will man einen stimmigen Kampf ausfechten? Etwas Papier für Notizen und einen Bleistift für die schwankenden Werte sollte jeder dabei haben... Fürs leibliche Wohl will gesorgt sein: Chips, Salzstangen, Eistee und O-Saft fehlen so gut wie nie!

Doch wie steht es mit einer netten Dekoration, dem, was der Außenseiter "klischeehaft" mit dem Rollenspiel verbindet? Was ist mit Kerzen und Räucherstäbchen, mit Hintergrundmusik und Schwarzlichtglühbirnen?
All diese Dinge können die Stimmung und Gefühle steigern, Spannung hervorrufen, Beklemmung verursachen. Bei einem gefährlichen Seeabenteuer weiß vielleicht die Musik von "Das Boot" oder "Der weiße Hai" zu beeindrucken und abzuschrecken - oder auch nur eine CD mit Geräuschen von Meeresbrandungen, Wind und Stürmen... Im gefahrvollen Dschungel dagegen sind andere Klänge vonnöten: Buschtrommeln, exotisch klingende Instrumente, Tiergeräusche und Plätschern von Bächen. Ein Kloster findet prächtige Unterstützung mit gregorianischen Chören, ein Dungeon hingegen braucht die düsteren Melodien von Kriegsfilmen oder Thrillern, vielleicht auch leisen Metal-Tönen. Musik erregt und diese Möglichkeiten sollte sich ein Spielleiter zu Nutzen machen.
Auch gibt es Geräusche-CD's, mit Schreien, quietschenden Türen, tropfendem Blut und kehligem Knurren. Um eine Heldengruppe, die durch ein finsteres Gewölbe schleicht und nach einem entführten Kind sucht, die Gegenwärtigkeit der Gefahr zu verdeutlichen, kann gerade auch letzteres fruchten. Wichtig ist jedoch stets, dass es passen muss, denn eine rauschende Meeresbrandung im Dungeon wirkt gewiss nicht, Gewittergrollen und Regenprasseln passen nicht zu einem sonnigen Markttag. Am besten macht sich also der bemühte Spielleiter daran, eine CD/Geräusch-Liste für die Runde zusammenzustellen.

Warum aber nutzen so wenig Gastgeber und Spielleiter die Möglichkeit mit Licht und Geruch Stimmung zu erzeugen? Einen Ghettoblaster, PC oder eine Stereo Anlage hat irgendwo jeder noch stehen, CD's werden fast schon standardisiert eingeschoben, jedes Mal dasselbe, wenn auch in unterschiedlicher Reihenfolge.
Die Mühe Kerzen zu besorgen und aufzustellen, anzuzünden und bei gedämpften Licht zu spielen, macht sich meist keiner: "Da sieht man die Würfel nicht richtig," heißt es bisweilen. Durch eine entsprechende Zahl von läppisch billigen Teelichtern lässt sich aber auch, vor den Spielern platziert, dieses Problem beheben und eine wunderbare Kulisse erzeugen. Mysteriöse Schwarzlichtglühbirnen, Duftkerzen und Räucherstäbchen können den Effekt noch verstärken. Gerade düstere Dungeonabenteuer profitieren, wenn man nur die Würfel und das Gesicht des Meisters sieht. Positiver Nebeneffekt ist, dass die Ablenkung weit geringer ist, als bei Helligkeit, wenn jeder in Regelbüchern blättert oder die Buchtitel des Gastgebers auswendig lernt.

Auch Handouts wollen gut vorbereitet sein! Wieviel schöner ist es doch für den sonst eher zuhörenden Spieler eine echte Karte oder einen zerknitterten Brief in die Hände zu bekommen? Gewiss verlangt niemand, dass sich der Meister in enorme Kosten stürzt oder etliche Stunden Arbeit investiert, um auch goldene Amulette (frisch aus dem Pokalstudio), bzw. selbsterstellte achtseitige Tageszeitungen für das Western-Abenteuer zu präsentieren, nur um dann den lächerlich machenden Kommentar zu hören, dass doch da "Made in Taiwan" draufsteht oder zwei fiese Rechtschreibfehler unterlaufen sind. Wohl aber könnte ein mysteriöser blauschimmernder Trank für wenig Aufwand und Geld (Fläschchen aus Sanitätshaus, dann Wasser und Blue Curacao hinein geben...) oder ein herrlicher Steckbrief selbst hergestellt werden.
Die Untermalung von Abenteuern kann durch die Einrichtung gesteigert werden. Ein Western-Abenteuer? Kakteen aus dem ganzen Haus ins Zimmer, die alte Spielzeugpistole auf die Anrichte, die Whiskeyflasche als Kerzenständer und der Cowboyhut von Karneval 1983 an die Wand... Und statt Chips gibt es Nachos! Ein Dschungelabenteuer? Palmen her, vielleicht gar ein Zimmerspringbrunnen oder eine Nebelmaschine, dazu natürlich das Baströckchen von Mutters Kostümfest, Heizung voll aufdrehen und exotische Früchte servieren... Ein Abenteuer im ewigen Eis? Klar - im Winter spielen, draußen im Garten oder in einem schlecht beheizten Raum, beispielsweise einer Garage, Ventilator an, um die Spieler ein wenig abzukühlen, dazu weiße Kristalle aus dem Geschenkartikelladen auf dem Tisch verteilen, eiskalte Getränke ausschenken und für Helligkeit sorgen.

Ihr seht: Mit etwas Mühe und Geschick kann man als Spielleiter seinem Abenteuer noch weit mehr Intensität geben, als man es vielleicht bisher dachte. Probiert einige der Tipps mal aus; die meisten Kosten nichts, oder nicht viel, meist nur einige Minuten kurzer Vorbereitung und etwas Phantasie. Und an der sollte es ja bei Rollenspielern nicht scheitern...