Ein Blick auf den großen Bruder unserer Rollenspiel-Seminare
Convenire - lat. Zusammenkommen, convent - lat. Treffen
Die Rollenspielconvention ist für den begeisterten Spieler das, was für den Sportler die Meisterschaften oder Olympischen Spiele sind. Man trifft sich mit spielendem Volk aus allen Ecken und Teilen des Landes, lernt am Tisch neue Leute kennen und andere Spielstile zu schätzen. Auf größeren Conventions, wie der regelmäßig von uns besuchten Ratcon in Dortmund, findet sich auch stets Zeit für Seminare, Kinoabende, Podiumsdiskussionen und andere unterhaltsame Spektakel.
Das typisch Mittelalterliche kommt natürlich auch nicht zu kurz: Gewandete, Stände mit Met und Waffen, Fechtspektakel und Liverollenspiele gehören natürlich mit dazu. Die Bandbreite der Spielsysteme ist enorm und fast alles, was man schon einmal im Handel gesehen hat, findet man auch auf der Ratcon wieder. Auch zum Auffüllen der Würfelsäckchen ist ausreichend Gelegenheit gegeben: Einmal in den Eimer greifen und alles behalten, was man greifen kann kostet 5,- €!
Es ist eine einmalige Erfahrung, wenn man miterlebt, wie der namhafte DSA-Redakteur Hadmar von Wieser die Massen im Griff hat: Wenn er von Krasch, dem Barbaren spricht ("Ihr kommt an ein Bauernhaus, das von einer einfachen Holztür verschlossen ist…" - "Mach ich KAPUTT") bebt die Halle, wenn er davon erzählt wie sich ein Zuhälter, nebst seiner zwei Auftragskiller an Hadmars hochgewachsenen Schulter ausweinen, schmunzelt man allenthalben und wenn er den Spielertyp "Powergamer" erläutert macht ein wissendes Nicken die Runde. All die bärtigen, langhaarigen, schwarzbekleideten Männer (Hadmar ist selbst so einer…) sehen ihn als ein Vorbild, all die hell geschminkten Frauen, mit den schwarzgefärbten Haaren und der ausladenden Kleidung liegen ihm schmachtend zu Füßen.
Auch für uns ist es immer wieder spannend durchaus interessante Tipps und Anregungen von ihm zu bekommen. Vieles erkennt man wieder, anderes nimmt man wohlwollend auf: Einen gemeinsamen Gruppennamen, samt Gruppenmotto oder Schlachtruf, zur Steigerung des Wir-Gefühls, der Rat, das Heldenhafte dem Regelgetreuen vorzuziehen, waren die Schlagwörter dieses Mal.
Andere Redakteure verlassen die humoristische Schiene und geben Informationen zu gegenwärtigen und neu anstehenden Publikationen, lassen Regelreformen von der Masse zerfleischen und erläutern die wichtigsten Prinzipien des Abenteuer- und Kampagnenplanens. Fachlich korrekte und angemessene Diskussionen über die aventurische Götterwelt werden getätigt und gemeinsam neue Ideen für künftige Publikationen entwickelt.
In DSA-Runden lernt man dicke, bärtige Spieler kennen (ich meine nicht Erik), die alles können, alle kennen und trotz ihrer Leibesfülle mit erstaunlicher Leichtigkeit eine al'anfanisch-garethische KGIA-Agentin spielen, natürlich in der Tarnung "Bardin". Es ist müßig zu erwähnen, dass diese Dame einen magischen Armreif hat, der ihr eine Giftresistenz bis zur 20ten Stufe garantiert und nebenbei Beherrschungszauber blockt. Da verwundert auch die Tatsache, dass die Dame Nichte von Dexter Nemrod ist, ebenso wenig, wie ihr Magiedilletantismus.
Kritisch verfolgt ein jeder Mitspieler, die Regel- und Weltentreue, achtet auf rollenspielerische Details, die man in eigenen Runden einführen könnte. Dazulernen hat hier ebenso, wie der Spielspass seine Daseinsberechtigung.
Gerade auch die Autoren-Runden erfreuen sich besonderer Beliebtheit: Wer würde nicht einmal gerne von einem absoluten Profi durch die Welt geführt werden? Der Weg in diese Runden will sich aber erst einmal gewürfelt werden, denn der Andrang ist natürlich nicht gering und die Würfelorgie zu Beginn der rollenspielerischste Weg.
Das Drumherum gestaltet sich ebenso spektakulär: Ein riesiger Zeltplatz, häufig auch endlose Bettenlager in Schulen und Sporthallen bieten Schlafstätten, was aber den hartgesottenen Spieler nicht davon abhält 36 Stunden durchzuzocken, um sich dann erschöpft im Treppenhaus oder im Gang in den Schlafsack zu werfen und nach drei Stunden Ruhe, einigen Kippen, Cola und Koffeintabletten wieder zum Würfel zu greifen.
Die Versorgung mit Speis und Trank ist vor allem auf übergewichtige Männer zugeschnitten (damit diese Zielgruppe das Kampfgewicht halten kann und vor allem zufrieden ist), so dass derjenige, der keine massenproduzierten Zigeunerschnitzel und fetttriefende Pommes Frites möchte, eher beim nahegelegenen Chinesen oder in der Pizzeria sein Glück versuchen sollte.
Mit ein bisschen Glück lässt sich auch Geld verdienen: Zwar kostet der Eintritt 10,- €, doch lässt sich diese Summe durch Spielleitung senken. Am Schnurrad lassen sich vielerlei Spiele, Bücher und Zinnfiguren gewinnen, die bei Ebay gewinnbringend zu versteigern sind.
Da kann man manchmal das neue Regelbuch oder die uralte Basisbox von der Versteigerung schnell finanziert haben.
Alles in allem sind die Conventions für eingefleischte Fans der Spiele eine tolle Abwechslung, zu der man aber meist ein wenig Geld, Zeit und Ausgeruhtheit mitbringen sollte. Zu viel Schlaf wird man nur selten kommen und bei der Bandbreite an Angeboten der Verlage fällt es nicht leicht überall "Nein!" zu sagen.
Wenn ihr immer schon mal die Autoren und Redakteure sehen und kennenlernen wollt, Interesse an fachlichen Diskussionen und unterhaltsamen Spielrunden mit mal ganz andere Leuten habt, so nutzt die Möglichkeit euch einmal auf den Conventions auszu-toben. Fast jeder der schon einmal mitgekommen ist, ist auch ein zweites Mal hinge-fahren…